Es fallen die Blätter und Zinsen – Der Börsenbericht
Heute betrachte ich die aktuellen Geschehnisse der Märkte mit Fokus auf die Emerging Markets – also die sogenannten Schwellenländer.
Nach den Turbulenzen der vergangenen Monate kamen nicht nur die Natur, sondern auch die Märkte etwas zur Ruhe. Hilfreich war dabei die Aussicht auf Zinssenkungen durch die US-Notenbank Federal Reserve, zumal mit dem Rückgang der US-Inflationsrate unter die Drei-Prozent-Marke der Weg für den ersten Lockerungsschritt seit März 2020 frei wurde. Gleichzeitig beruhigten neue US-Konjunkturdaten die Sorgen um die amerikanische Wirtschaft.
KI-Erwartungen und Zinsen gesenkt
Mit Spannung fieberten die Aktienmärkte den neuesten Quartalsergebnissen des KI-Chipherstellers Nvidia entgegen. Weil dieser in einigen Punkten die sehr hohen Erwartungen enttäuschte, musste der Aktienkurs einen prozentual zweistelligen Rückschlag hinnehmen. Die Börsen zeigten sich davon insgesamt wenig beeindruckt. Allerdings kehrten Anfang September die Sorgen um eine mögliche Überbewertung der KI-Geschäftsmodelle nochmals zurück. Neben Nvidia gerieten auch andere Aktien der Mikrochip-Branche unter Druck.
Dann aber profitierte die Stimmung für US-Technologie-Aktien von der Ankündigung einer Kooperation des Datenbank-Spezialisten Oracle mit dem Cloud-Dienst von Amazon, sodass sich auch dieser Sektor wieder stabilisieren konnte.
Im September gab die Europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet bekannt, ihre Einlagefazilität zu senken. Die Senkung dürfte sich rasch für Sparer bemerkbar machen. Deutlicher fielen die Zinssenkungen bei den Refinanzierungssätzen aus, zu denen sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können. Diese Zinsen werden sich in fallenden Kreditzinsen für Bankkunden niederschlagen.
Zinssenkungen in den USA und China
Im September gab dann auch die US-Notenbank ihre Zinsentscheidung bekannt. Die erste Zinssenkung seit viereinhalb Jahren fiel hoch aus, was die Kapitalmärkte mit Kursgewinnen quittierten. Seit 2020 war der Leitzins der Fed (Federal Reserve System, das Zentralbanksystem der USA) für fast zwei Jahre unverändert geblieben. 2022 und 2023 folgten dann 11 Leitzinserhöhungen, um die entstandene Inflation wieder einzudämmen.
Mit den Leitzinssenkungen war an den Aktienmärkten der Weg zu neuen Rekorden frei, zumal in der letzten Septemberwoche auch die chinesische Zentralbank Maßnahmen ergriff, um die Konjunktur zu stützen. Das umfangreiche Maßnahmenpaket umfasst neben Zinssenkungen auch eine Kapitalspritze für die sechs größten Geschäftsbanken.
Auf die Maßnahmen reagierten nicht nur die chinesischen Aktienmärkte mit einem Freudensprung. In Hongkong schnellte der Hang Seng Index binnen weniger Tage nach oben. Weltweit verzeichneten die zuvor von ihrem großen China-Geschäft belasteten Unternehmen, darunter Luxusgüter- und Pkw-Hersteller, eine Erholung ihrer Aktienkurse.
Wer Kurse und Märkte beobachtet und kennt, kann die Bewegungen für sich nutzen.
Kursgewinne an den Anleihemärkten
An den Anleihemärkten überwogen bis Mitte September die Kursgewinne. Die wegweisende Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit fiel auf 3,6 Prozent. Während der Ölpreis unter dem Eindruck der schwachen Weltkonjunktur auf Mehr-Jahres-Tiefs sank, profitierte der Goldpreis von den fallenden Zinsen. Der Preis für eine Feinunze Gold kletterte erstmals in ihrer Geschichte über 2.600 US-Dollar.
Ende der Enttäuschungen bei den Emerging Markets?
Als 1981 im Umfeld der Weltbank vorgeschlagen wurde, den negativ aufgeladenen Begriff Entwicklungsland (Englisch: Less Developed Country) zumindest für Volkswirtschaften mit einem global betrachtet mittleren Pro-Kopf-Einkommen durch den Begriff Emerging Markets („entstehende Märkte“) zu ersetzen, war der positive Klang gewollt. Auf Deutsch nennt man solche Volkswirtschaften Schwellenländer.
In den entsprechenden Schwellenländern förderte das niedrige Lohnniveau die Entstehung von Produktionsstandorten und eine zunehmende Einbeziehung in internationale Handelsbeziehungen.
Direktinvestitionen aus Industriestaaten und der damit verbundene Technologietransfer leisteten einen Beitrag zur Verbesserung der Terms of Trade (Tauschbedingungen im internationalen Handel).
Schon der Begriff Emerging Markets transportiert das Potenzial, dass durch eine entstehende und wachsende Mittelschicht eine steigende Kaufkraft entsteht. Gerade dieser Aspekt wird von Fonds herausgestellt, die als Emerging-Markets-Fonds in Unternehmen aus Schwellenländern investieren.
Dreiteilung des Anlageuniversums
Inzwischen hat sich eine Dreiteilung des globalen Anlageuniversums in Developed Markets (Industrieländer), Emerging Markets (Schwellenländer) und sogenannte Frontier Markets (Grenzmärkte) durchgesetzt. Letztere haben eine geringere Marktkapitalisierung und Marktliquidität als die besser entwickelten Schwellenmärkte.
Der MSCI Emerging Markets Index bildet die Entwicklung von etwa 1.400 Aktien aus den Schwellenländern ab, wobei der US-amerikanische Finanzdienstleister und Indexanbieter MSCI die Aktien entsprechend der Streubesitz-Marktkapitalisierung gewichtet. Dadurch werden in jedem Land etwa 85 Prozent der handelbaren Marktkapitalisierung abgedeckt.
Die höchsten Anteile entfallen auf Asien, namentlich die Volksrepublik China und Indien, gefolgt von den recht weit industrialisierten, aber weiter als Emerging Markets eingestuften Ländern Südkorea und Taiwan.
Underperformance in den Emerging Markets seit 2010
Schon seit 2010 ergibt sich eine Unterperformance gegenüber den vom starken US-Aktienmarkt geprägten Developed Markets. Vor allem seit 2021 blieben die meisten Emerging-Markets-Aktienfonds deutlicher zurück. Gründe dafür sind zum einen die enttäuschenden Entwicklungen in China, wo die Führung in Peking unter dem jetzigen Präsidenten nach Jahrzehnten einer sehr pragmatischen Wirtschaftspolitik stärker in die Märkte eingriff und damit Anleger verschreckte. Zum anderen hat die Stärke der amerikanischen Währung die Emerging Markets belastet.
Anbieter von Emerging-Markets-Fonds verweisen vor diesem Hintergrund auf den jetzt begonnenen Zinssenkungszyklus in den USA. Die US-Leitzinssenkung ermögliche nun auch den Notenbanken in den Schwellenländern eine Lockerung ihrer Geldpolitik. Zuvor müssten sie sich am US-Zinsniveau orientieren, um eine stärkere Abwertung ihrer Landeswährungen gegen US-Dollar zu verhindern.
Insofern markiert der Zinsrückgang in den USA einen Vorzeichenwechsel für die Emerging Markets. Fundamental seien deren Währungen eher unterbewertet, sodass sich in den kommenden Jahren aus der Aufwertung der lokalen Schwellenländer-Währungen eine zusätzliche Performancequelle ergebe, argumentieren Fondsmanager aktuell.
Fazit
Das aktuelle Bewertungsniveau der Emerging Markets liegt zumindest nicht nur weit unter dem der Developed Markets, sondern auch klar unter dem eigenen historischen Bewertungsdurchschnitt. Wer nicht ohnehin schon antizyklisch die Schwächephase für den Aufbau von Positionen genutzt hat, sollte also jetzt überlegen, auf die jüngsten Signale hin ein Emerging-Market-Investment ins Auge zu fassen.
Sollten Sie weitere Fragen haben, beantworte ich Ihnen diese gerne in einem persönlichen Gespräch: Zum HIC-Terminportal.
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